Rechtsanwälte GRÄNING & KOLLEGEN

Kündigung, Widerruf, Anfechtung, Rücktritt & Co. (Teil 1)

Veröffentlicht am 02.05.2009

Wie man sich von (ungewollten) Verträgen wieder lösen kann.

Die internationale Finanzkrise hat das Verhalten vieler Verbraucher stark verändert. Viele Menschen sind verunsichert und fragen sich: Werde ich meinen Arbeitsplatz behalten und kann ich eingegangene vertragliche Verpflichtungen weiterhin bedienen? Die Krise hat zu einem Umdenken geführt. Um Geld einzusparen werden bestehende Verträge  hinsichtlich Preis und Leistung geprüft. Betroffen sind häufig Versicherungsverträge, Zeitschriftenabos, Clubmitgliedschaften, Kreditverträge und Verträge der Altersvorsorge, Strom-, Gas- und Wasserversorgung sowie für den Telefon- und Internetzugang. Die individuelle  Bedarfsanalyse zeigt dann, welcher Vertrag wirklich benötigt wird und wo es Einsparungsmöglichkeiten gibt. Aber wie kann man sich von bestehenden Verträgen lösen? Ein hartnäckiger Rechtsirrtum ist die Vorstellung, man könne von jedem Vertrag innerhalb von zwei Wochen zurücktreten. Tatsache ist, dass es kein „Reurecht“ gibt. Es gilt der Grundsatz: „Pacta sunt servanda“ – Verträge sind zu halten. Wer nach Vertragsschluss seine Meinung ändert, kann in der Regel nur auf die Kulanz des Vertragspartners hoffen.

Dennoch gibt es einige Möglichkeiten sich auch von einem geschlossenen Vertrag wieder zu lösen oder diesen anzupassen. Scheinbar selbstverständlich ist, dass man Verträge kündigen, widerrufen, anfechten, stornieren oder von ihnen zurücktreten kann. Doch was unterscheidet die Kündigung vom Widerruf, von der Anfechtung oder dem Rücktritt? Was ist zu beachten? Nachfolgend möchte ich Sie auf einige Fragen und Probleme im Zusammenhang mit der Beendigung von Verträgen aufmerksam machen.

Beginnen wir mit der Kündigung. Jeder kennt sie und fast jeder hat schon einmal eine erhalten oder selbst ausgesprochen. Die Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, durch die ein Dauerschuldverhältnis für die Zukunft erlischt. Sie ist im BGB nicht zusammenfassend geregelt, sondern bei den einzelnen Vertragstypen (z.B. Arbeitsvertrag, Mietvertrag, Dienstvertrag, Gesellschaftsvertrag) besonders ausgestaltet. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Kündigungsfristen und erforderlichen Form. Im Gegensatz dazu kann durch die Anfechtung bzw. den Widerruf eine auf einen Vertragsabschluss gerichtete Erklärung rückwirkend, also von Anfang an, unwirksam werden. Ein Anfechtungsrecht kann aufgrund Irrtums bei der Abgabe der Willenserklärung oder aufgrund Täuschung oder Drohung durch den Vertragspartner bestehen; Widerrufsrechte bestehen nur ausnahmsweise wenn sie vertraglich vereinbart wurden oder im Gesetz (z.B. bei Haustür- oder Fernabsatzgeschäften) ausdrücklich geregelt sind.

Allen Erklärungen, ob Kündigung, Widerruf, Rücktritt oder Anfechtung, ist gemeinsam, dass sie dem Vertragspartner zugehen müssen. Häufig hört man von der Gegenseite den Satz: „Die Kündigung habe ich nicht bekommen.“ Tatsache ist, dass der Kündigende beweisen muss, dass dem Vertragspartner die Erklärung zugegangen ist. Doch wie will man das, wenn man die Kündigung per Post versendet und keine Reaktion erhält? Der Beweis des Kündigungszugangs ist so nahezu unmöglich. Daher wird häufig dazu übergegangen, die Erklärung per „Einschreiben/Rückschein“ zu übersenden. Aber auch das hilft leider nicht weiter: Denn bewiesen werden kann lediglich, dass dem Vertragspartner zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Brief zugegangen ist. Was in diesem Brief stand, lässt sich nicht beweisen. Möglicherweise handelte es sich ja um ein leeres Blatt. Es empfiehlt sich daher zum Zwecke des Zugangsnachweises einen Gerichtsvollzieher oder einen Boten, der in einem etwaigen Prozess als Zeuge gehört werden kann, mit der Übergabe des Kündigungsschreibens zu beauftragen.

Im nächsten Teil der Reihe „Kündigung, Widerruf, Anfechtung, Rücktritt und Co.“ wird die Frage geklärt, was geschieht, wenn der Empfänger sich weigert, das Kündigungs-, Widerrufs- oder Anfechtungsschreiben anzunehmen.

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