Rechtsanwälte GRÄNING & KOLLEGEN

Kündigung, Widerruf, Anfechtung, Rücktritt & Co. (Teil 2)

Veröffentlicht am 03.05.2009

Die Zugangsvereitelung einer Kündigung am Monatsende.

Im ersten Teil befassten wir uns mit der Frage, auf welchem Wege Erklärungen wie Kündigung, Widerruf, Anfechtung oder Rücktritt dem Vertragspartner zugehen sollten, damit dieser später nicht behaupten kann, er habe sie nicht erhalten. Der Zugang ist die elementare Wirksamkeitsvoraussetzung dieser Erklärungen. Vor Gericht kann es unter Umständen nämlich recht schwierig und manchmal sogar unmöglich sein, den Zugang zu beweisen, wenn der Gegner schlichtweg behauptet, er habe ein Schreiben nicht erhalten. Die Beweislast für den Erhalt einer Erklärung liegt nämlich bei dem, der die Erklärung abgibt.

Doch was passiert, wenn sich der Empfänger weigert, die Erklärung entgegenzunehmen? Vom Nichtöffnen der Tür, dem Verschweigen der Anschrift bis zum Entfernen oder Abkleben des Briefkastens sind dem Ideenreichtum einiger Menschen scheinbar keine Grenzen gesetzt. Speziell hinsichtlich der Wahrung von Fristen (z.B. Kündigungsfrist bei Arbeits- oder Mietverträgen) können hier Probleme auftreten. Grundsätzlich gilt, dass sich der Erklärungsempfänger nicht auf den verspäteten Zugang der Erklärung berufen kann, wenn er die Zugangsvereitelung selbst zu vertreten hat. Allerdings muss der Erklärende alles Erforderliche und ihm Zumutbare tun, damit seine Erklärung den Empfänger fristgemäß erreichen kann. Er muss alle in Betracht kommenden Möglichkeiten der Übermittlung erwägen und sofern zumutbar auch versuchen.

Das Landesarbeitsgericht Köln beschäftigte folgender Fall: Ein Arbeitgeber wollte einem Mitarbeiter am 31.03. eine halbe Stunde vor Ende der regulären Arbeitszeit persönlich eine Kündigung übergeben. Der Mitarbeiter hatte zu diesem Zeitpunkt das Gelände jedoch bereits verlassen, so dass die Kündigung erst am 01.04. übergeben wurde. Der Arbeitgeber war der Auffassung, dass der Mitarbeiter den Betrieb absichtlich vorzeitig verlassen habe, um den rechtzeitigen Zugang der Kündigung zum Monatsende zu vereiteln. Er müsse sich daher so behandeln lassen, als sei die Kündigung noch rechtzeitig am 31.03. zugegangen. Das Gericht folgte dieser Auffassung nicht und gab dem Mitarbeiter Recht. Dieser müsse sich nicht den 31.03. als Zeitpunkt der Zustellung der Kündigung gegen sich gelten lassen. Eine „Zugangsvereitelung“ läge nach Ansicht der Richter selbst dann nicht vor, wenn die Vorwürfe des Arbeitgebers zutreffend wären. Wer eine Kündigung aussprechen will, muss nämlich auch dafür sorgen, dass die Kündigung rechtzeitig zugeht. Es sei das Risiko des Arbeitgebers, wenn er erst im letzten Moment eine Kündigung aussprechen wolle. Der Arbeitgeber habe keinen besonderen Grund für dieses Verhalten genannt. Außerdem hätte der Arbeitgeber die Kündigung auch dem Mitarbeiter zu Hause übergeben oder einen Dritten mit der Übergabe beauftragen können.

Dieser Fall zeigt, dass der Zugang einer beabsichtigten Willenserklärung immer sorgfältig geplant und übereilte Maßnahmen nach Möglichkeit vermieden werden sollten.

Ihr Ansprechpartner für Fragen des Arbeitsrechts:
Rechtsanwalt Dirk Gräning

Wichtiger Hinweis: Der Artikel dient ausschließlich der allgemeinen und persönlichen Information. Er kann die individuelle Beratung und Beurteilung der Sach- und Rechtslage des konkreten Einzelfalls nicht ersetzen. Der Autor übernimmt auch keinerlei Gewähr und keine Haftung, die aus einer Verwendung der bereitgestellten Informationen resultieren. Der Autor gibt weder rechtliche noch steuerrechtliche Empfehlungen, mit denen eine Mandatsbeziehung begründet wird. Dessen ungeachtet sind sämtliche Informationen mit größter Sorgfalt und bestem Wissen und Gewissen erhoben und weitergegeben worden.