Wer haftet für ein Schlagloch auf der Autobahn?
Veröffentlicht am 28.01.2014
Immer wieder gibt es Streit bei der Haftungsfrage in Bezug auf Straßenschäden. Häufig werden Verkehrsteilnehmer, deren Fahrzeuge infolge eines Schlagloches auf der Straße beschädigt wurden, mit ihrem Begehr auf Ersatz des dadurch erlittenen Schadens abgewiesen. Unebenheiten in der Fahrbahn gehörten zu den allgemeinen Risiken bei der Teilnahme am Straßenverkehr. Eine Verletzung der Pflicht von Kommune oder anderer verantwortlicher öffentlicher Rechtsträger zur Verkehrssicherung wird sehr oft von diesen verneint.
Nun hat das OLG Hamm ein sehr bemerkenswertes Urteil am 15.11.2013 – 11 U 52/12 – zu dieser Problematik gefällt. Laut Pressemitteilung des OLG Hamm vom 13.01.2014 hat das Gericht das Land NRW in Haftung genommen und befunden, dass für den Schaden, den ein Pkw beim Durchfahren eines Schlaglochs auf der Bundesautobahn (BAB) 52 erlitten hat, das beklagte Land Nordrhein-Westfalen aufgrund einer Verkehrssicherungspflichtverletzung haftet, weil das Schlagloch durch eine von ihm zu verantwortende, vermeidbare Gefahrenquelle entstanden war.
Der Kläger hatte mit seinem Pkw nachts die BAB 52 im Bereich einer Baustelle, bei der der Standstreifen als Fahrbahn fungierte, befahren. Dort geriet das Fahrzeug in ein ca. 20 cm tiefes Schlagloch und erlitt einen Achsschaden. Das Schlagloch war im Bereich eines für den Baustellenbetrieb verschlossenen Gullyschachtes entstanden. Für die Befahrbahrkeit des Standstreifen hatte der für das beklagte Land handelnde Landesbetrieb Straßenbau NRW die zu überfahrenden Gullyschächte mit Eisendeckeln versehen und mit einer bituminösen Masse sowie mit einer Asphaltschicht auffüllen lassen. Im Bereich der Unfallstelle war diese Füllung zum Teil herausgebrochen, wodurch das Schlagloch entstanden war.
Das Gericht befand nach sachverständiger Aufklärung, dass das Schlagloch die Folge einer vom Landesbetrieb zu verantwortenden, vermeidbaren Gefahrenquelle war. Das Verschließen des Gullyschachtes habe selbst bei fachgerechter Ausführung angesichts des auf diesem Streckenabschnitts der BAB zu erwartenden hohen Verkehrsaufkommens ein nicht abschätzbares Risiko beinhaltet. Es hätten andere, sichere Methoden, wie das Herstellen provisorischer Schachtabdeckungen aus Schnellbeton, zur Verfügung gestanden. Die verschiedenen Möglichkeiten zur Herstellung von provisorischen Schachtabdeckungen und ihre Vor- bzw. Nachteile hätten der Fachbehörde bekannt sein müssen. Ein Mitverschulden des Kraftfahrers sei nicht gegeben, weil für ihn das Schlagloch nicht erkennbar war.
Anzumerken ist, dass es sich hier um eine Einzelfallentscheidung handelt und generell die konkreten Umstände zu prüfen sind.
Dirk Gräning
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