Praxisrelevante Probleme um die Bestattungspflicht
Veröffentlicht am 29.03.2011
Vortrag anlässlich der Mitgliederversammlung der Bestatterinnung Berlin und Brandenburg e.V. am 29. März 2011
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sie werden als Bestatter auch bei anderen Fragen häufig vor dem Problem stehen, dass der Kunde immer genau wissen will, wo das, was Sie ihm erklären, denn auch geregelt ist.
Hier stehen Sie zunächst schon vor dem Problem, dass die Bestattungspflicht Teil der Totenfürsorge ist. Die Totenfürsorge wiederum ist lediglich ein gewohnheitsrechtlich anerkanntes Recht, welches nur teilweise dann normiert ist, wenn es um die Pflicht eines Einzelnen geht, sich um einen Verstorbenen zu kümmern.
Die Bestattungspflicht ist allerdings, dies ist auch für Sie und gegebenenfalls notwendigerweise abzugebende Erklärungen gegenüber Ihren Kunden sehr erfreulich, durch Bestattungsgesetze geregelt.
Sie müssen beachten, dass Bestattungsgesetze Gesetze der Länder sind, was bedeutet, dass jedes Bundesland voneinander abweichende Bestattungsgesetze hat. In aller Regel werden sich diese im Inhalt zwar nicht so ganz wesentlich unterscheiden, aber gerade bei der Pflicht eine Bestattung durchzuführen, insbesondere was einen dafür in Frage kommenden Personenkreis angeht, gibt es doch in den einzelnen Bundesländern Abweichungen.
Dies ist für Sie insbesondere dann von Bedeutung, da Sie natürlich zunächst ermitteln müssen, welches Bestattungsgesetz dann anzuwenden ist, wenn der Verstorbene nicht in Ihrem unmittelbaren Einzugsbereich verstorben ist.
Wenn ich Ihnen heute einige Ausführungen zur Bestattungspflicht mache, ist natürlich klar, dass wir die Normalfälle nicht weiter kommentieren müssen. Ich hoffe für Sie, dass diese quantitativ in der Überzahl sind, nämlich die Fälle, in denen Angehörige in Ihr Institut kommen einen
Bestattungsvertrag unterschreiben und auch bezahlen bzw. auch die Bestattung abwickeln in Ausgestaltung eines schon bestehenden Bestattungsvorsorgevertrages.
Unangenehm und auch der Grund für einige Ausführungen von mir zu diesem Problem sind ja letztlich die Fälle, in denen Angehörige sich zwar auffinden lassen, aber der Meinung sind, sich nicht um eine Bestattung kümmern und sie damit letztlich auch nicht bezahlen zu müssen.
Für Sie als Beratungshilfe ist es sicherlich dienlich, wenn Sie bei einem solchen Gespräch auf gesetzliche Regelungen verweisen können. Sie sollten aus diesem Grunde jederzeit eine ausgedruckte Version, zumindest des Bestattungsgesetzes des Landes, in dem Sie Ihr Institut unterhalten, bereithaben. Auch Bestattungsgesetze anderer Bundesländer können Sie relativ schnell über verschiedentliche Internetportale abrufen.
Da wir uns hier im wesentlichen in den Bundesländern Berlin und Brandenburg bewegen, sei darauf verwiesen, dass sich die jeweilige Pflicht zur Bestattung und der Personenkreis der bestattungspflichtigen Personen nach dem Bestattungsgesetz in Brandenburg nach den §§ 19 und 20 sowie nach dem Bestattungsgesetz Berlin nach den §§ 15 und 16 regelt.
In § 19 Brandenburger Bestattungsgesetz und § 15 Berliner Bestattungsgesetz wird zunächst die Bestattungspflicht geregelt, wobei sich der wesentlichste Unterschied der Regelung beider Länder aus den zusätzlichen Regularien des Bestattungsgesetzes Brandenburg ergibt, welches sofort bei Bestattungspflichten auch Regelungen zum Zeitpunkt einer vorzunehmenden Erdbestattung oder Einäscherung schafft.
Dies soll allerdings heute nicht das Thema sein. Vielmehr geht es dann jetzt zunächst wieder bei dem Bestattungsgesetz Brandenburg in § 20 um die Benennung der bestattungspflichtigen Personen. Diese sind der Reihenfolge wie folgt genannt:
1) der Ehegatte
2) die Kinder
3) die Eltern
4) die Geschwister
5) die Enkelkinder
6) die Großeltern und
7) der Partner einer auf Dauer angelegten nicht
ehelichen Lebensgemeinschaft
Zusätzlich ist noch geregelt, dass, soweit aus einer, sagen wir einmal Rangfolge, mehrere Personen für die Bestattungspflicht in Frage kämen, die jeweils ältere Person der jüngeren Person bezüglich der Bestattungspflicht vorgeht.
Dies heißt z. B.: Es ist kein Ehegatte mehr vorhanden, so dass die Kinder zur Bestattungspflicht heranzuziehen wären. Sind mehrere Kinder vorhanden, ist das älteste Kind bestattungspflichtig, so dass Sie sich zunächst an diese Person halten können.
Im Berliner Bestattungsgesetz sieht der § 16 folgende Personen, die für die Bestattung zu sorgen haben, vor:
1) der Ehegatte oder der Lebenspartner
2) die volljährigen Kinder
3) die Eltern
4) die volljährigen Geschwister
5) die volljährigen Enkelkinder
6) die Großeltern
Auch hier gilt, dass die Angehörigen nach der entsprechenden Reihenfolge verpflichtet sind, für die Bestattung zu sorgen und die in der Reihenfolge nachrangig Genannten nur bestattungspflichtig sind, wenn die Personen, die vorrangig genannt sind, nicht vorhanden oder aus wichtigem Grund gehindert sind, für die Bestattung zu sorgen.
Nun werden Sie in Ihrer Praxis gelegentlich den Fall haben, dass dann die „klugen“ Angehörigen zu Ihnen kommen und Ihnen mitteilen, dass sie die Erbschaft ausgeschlagen hätten und mithin mit der Bestattung auch nichts zu tun hätten.
Dies ist schlicht falsch. Es ist ganz einfach so, dass die Bestattungspflicht eine Pflicht ist, die sich aus den genannten Bestattungsgesetzen ergibt und die rein gar nichts damit zu tun hat, inwieweit ein als Erbe in Betracht kommender Bestattungspflichtiger die Erbschaft ausgeschlagen hat oder nicht.
Wie aber in einem jeden Gesetz finden sich natürlich auch Ausnahmen von der Bestattungspflicht, die durch Gerichtsentscheidungen bestimmt worden sind.
Ich darf aber diesbezüglich ausdrücklich klarstellen, dass diese Gründe ausgesprochen eingeschränkt sind und hier eine gewisse Analogie mit Gründen für die Versagung eines Pflichtteils bestehen.
Man sollte deutlich darauf hinweisen, dass es keinesfalls einen Grund für einen Bestattungspflichtigen darstellt, sich der Bestattungspflicht zu entziehen, nur weil er den zu Bestattenden nicht kannte oder zu ihm bereits längere Zeit keinen Kontakt hatte oder eben auch, weil dieser ihm nichts vererbt habe.
Tatsächliche Gründe werden hier von den Gerichten nach sogenannten allgemeinen Billigkeitsgrundsätzen bewertet. So ist ein Bestattungspflichtiger z. B. nicht verpflichtet, für die Bestattung zu sorgen, wenn durch den Verstorbenen gegenüber ihm schwere Misshandlungen erfolgten.
Grundsätzlich ist es auch so, dass Betreuer nicht in den Personenkreis Bestattungspflichtiger fallen. Die Betreuung endet mit dem Tod, so dass danach nichts mehr durch den Betreuer zu veranlassen ist. Vielmehr wird dann, soweit keine Angehörigen vorhanden sind, bzw. die Erbschaft von den Angehörigen ausgeschlagen wird, eine Nachlasspflegschaft eingerichtet.
Ich möchte im Zusammenhang mit den Ausführungen zu Betreuern als bestattungspflichtige Personen noch auf eine Ausnahmeregelung des Bestattungsgesetzes Sachsen hinweisen. Hier sind die Betreuer als sogenannte sonstige Sorgeberechtigte mit in den Kreis der für eine Bestattung verantwortlichen Personen aufgenommen worden.
So es Ihnen dann gelingt, den Bestattungspflichtigen davon zu überzeugen, dass er nach dem jeweiligen Landesgesetz bestattungspflichtig ist und er Ihnen den entsprechenden Bestattungsvertrag unterschrieben hat, sind die größten Probleme für Sie an sich erledigt, vorausgesetzt natürlich, dass der Bestattungspflichtige Ihre Rechnung dann auch bezahlt.
Was Ihre Anspruchsgrundlage angeht, ist diese eindeutig, weil Sie aus dem mit dem Bestattungspflichtigen geschlossenen Vertrag einen solchen haben, ob das Geld dann auch noch einholbar ist, weil möglicherweise der Bestattungspflichtige nicht über Mittel verfügt, steht auf einem anderen Blatt.
In diesem Zusammenhang sei der Hinweis erlaubt, dass ein mittelloser Bestattungspflichtiger auch beantragen kann, dass die Kosten der Bestattung für eine einfache und würdige Bestattung durch das Sozialamt übernommen werden.
Es bleibt darauf hinzuweisen, dass natürlich nur der entsprechend der Regelungen aus dem Bestattungsgesetz einen solchen Anspruch stellen kann, der auch Bestattungspflichtiger ist. Dies führt oft zu wirren Entscheidungen der Sozialämter, da neben den Bestattungspflichtigen auch noch andere Personen in Frage kämen, die die Kosten der Bestattung zu tragen haben. Zunächst dürfen natürlich Sozialämter völlig berechtigt Anträge zurückweisen, soweit jemand einen entsprechenden Antrag stellt, der sich nur aus moralischen Gründen verpflichtet fühlt, nicht aber vom Gesetz für die Bestattung verpflichtet ist.
Andererseits neigen die Sozialämter auch immer wieder dazu, Bescheide zu fertigen, nachdem bestimmte Quoten der Kosten der Bestattung durch Sozialhilfeleistungen gedeckt sind und andere nicht. Dies insbesondere nach Auffassung der Sozialämter unter Maßgabe des Umstandes, dass mehrere bestattungspflichtige Personen vorhanden sind bzw. Personen, die die Kosten der Bestattung zu tragen haben, die aber nicht zum Anspruchstellerkreis gehören.
Dieser Praxis ist durch eine Reihe von Urteilen unterschiedlichster Sozialgerichte bereits eine deutliche Absage erteilt worden. Sie können ja schließlich auch nicht, wenn ein solcher Anspruchsteller nur den hälftigen Betrag für die Bestattung zuerkannt bekommt, weil noch andere Personen für die Kosten der Bestattung in Frage kommen, nur die Hälfte der Leiche beerdigen.
Es ist hier anerkannte Rechtsprechung, dass die Kosten dann in ganzem Umfang durch die Sozialämter zu tragen sind und sich dann das Amt um die Einbringung quotaler Forderungen bei Personen bemühen muss, die nicht in den Anspruchstellerbereich von Sozialhilfeleistungen fallen, aber für die Kosten der Bestattung aufkommen müssen.
Problematisch dabei wird sein, dass nicht Sie diese Prozesse führen können, wenn solche Entscheidungen ergehen, weil solche Sozialhilfeleistungen nicht ohne weiteres abgetreten werden können.
Dies muss dann der jeweilige Anspruchssteller tun. Aus der Praxis ist mir bekannt, dass es immer wieder schwer ist, Angehörige bzw. Bestattungspflichtige zu gewinnen, dass sie entsprechende Verfahren anstreben.
Ich habe Ihnen nun die Fälle dargestellt, soweit ein Bestattungspflichtiger bereit ist, auch entsprechend für die Bestattung zu sorgen, sei es durch eigene Leistungen oder aber durch Antragstellung beim örtlichen Sozialamt, welches dann die entsprechenden Mittel bereitstellt.
Jedenfalls sollten Sie den Bestattungspflichtigen aber auch darauf hinweisen, dass die Verpflichtung zur Bestattung nicht unbedingt auch mit der Verpflichtung zur Kostenübernahme der Bestattung zusammenhängen muss.
Selbstverständlich wird es häufig vorkommen, dass der Bestattungspflichtige auch der ist, der die Kosten der Bestattung übernehmen muss, aber es kann auch ganz anders liegen. Hier kommt nun wieder das Erbrecht auf den Plan. In § 1968 BGB ist dazu geregelt, dass der Erbe die Kosten der Beerdigung des Erblassers zu tragen hat. Dies kann für den Bestattungspflichtigen, mit dem Sie dann
Kontakt aufgenommen haben, auch zu der für ihn erfreulichen Tatsache führen, dass er zwar bestattungspflichtig ist, nicht aber die Kosten der Bestattung übernehmen muss.
Unterschätzen Sie bitte nicht eine diesbezügliche praktische Bedeutung. Oft ist es so, dass erst geraume Zeit nach dem Tod letztwillige Verfügungen, die ja auch formgültig sind, wenn sie nur handschriftlich verfasst sind, auftauchen und zu Erbfolgen führen, die vorher so nicht absehbar waren.
Wahlweise kann, soweit die Kosten für eine solche Bestattung vom Erben nicht eingeholt werden können, nach § 1615 BGB auch der zur Kostentragung herangezogen werden, der dem Erblasser unterhaltsverpflichtet ist.
Nur für den Fall, dass eine Bestattung aus verschiedentlichen Gründen nicht zeitnah durchzuführen ist, weil nicht anzunehmen ist, dass alsbald ein Angehöriger der bestattungspflichtig ist, zu finden ist, oder weil sich Angehörige weigern, sich um die Bestattung zu kümmern, wird durch das Ordnungsamt eine sogenannte Ersatzvornahme vorgenommen.
In der Folge ermittelt dann auch das Ordnungsamt nach der von Ihnen vorgenommenen Bestattung nach bestattungspflichtigen Personen, bzw. führt entsprechende Verfahren, um Gelder wieder einzuholen, die das Ordnungsamt verauslagt hat, weil bestattungspflichtige Personen sich geweigert haben, die Bestattung durchzuführen.
Noch kurz zu einem Problem. Soweit Sie, auch dies wird in Ihrer Praxis schon öfter vorgekommen sein, mit Angehörigen oder Bestattungspflichtigen Bestattungsvorsorgeverträge abrechnen, aus denen ein Überschuss verblieben ist, werden Sie diesen regelmäßig auszahlen.
Sie sollten sich aber diesbezüglich absichern. Auch wenn Sie die Beträge an die Tochter oder den Sohn des Verstorbenen auszahlen, könnte es ja ohne weiteres so sein, dass die Abkömmlinge die Erbschaft ausgeschlagen haben. Wird dann in der Folge eine Nachlasspflegschaft installiert, besteht für Sie das Problem, dass der Nachlasspfleger von Ihnen verlangen kann, dass Sie die Überschüsse aus dem abgeschlossenen Bestattungsvorsorgevertrag an ihn auszukehren haben. Sie können sich in einem solchen Fall nicht ohne weiteres mit dem Argument befreien, dass Sie diesen Betrag bereits an die Angehörigen gezahlt haben. Um hier Vorsorge zu treffen, sollten Sie sich den Erbschein oder ein eröffnetes Testament vorlegen lassen, da nach § 2367 BGB der, der an einen Erbscheinserben leistet, gegenüber dem wahren Erben von seiner Leistungspflicht befreit wird, es sei denn, er hat ein entgegenstehendes Wissen. Sollten Sie trotzdem zahlen wollen, obwohl Ihnen kein Erbschein vorgelegt wird, sollten Sie sich zumindest eine Freistellungserklärung unterzeichnen lassen. Somit sind Sie wenigstens im Innenverhältnis abgesichert. Bei neu abzuschließenden Bestattungsvorsorgeverträgen sollten Sie darauf achten, dass konkrete Bezugsberechtigte benannt werden.
Ich hoffe Ihnen mit meinen Ausführungen einen kurzen Einblick zum Thema Bestattungspflicht gegeben zu haben und stehe Ihnen für Fragen zur Verfügung.
Rechtsanwalt Dirk Gräning
Wichtiger Hinweis: Der Artikel dient ausschließlich der allgemeinen und persönlichen Information. Er kann die individuelle Beratung und Beurteilung der Sach- und Rechtslage des konkreten Einzelfalls nicht ersetzen. Der Autor übernimmt auch keinerlei Gewähr und keine Haftung, die aus einer Verwendung der bereitgestellten Informationen resultieren. Der Autor gibt weder rechtliche noch steuerrechtliche Empfehlungen, mit denen eine Mandatsbeziehung begründet wird. Dessen ungeachtet sind sämtliche Informationen mit größter Sorgfalt und bestem Wissen und Gewissen erhoben und weitergegeben worden.