Rechtsanwälte GRÄNING & KOLLEGEN

Geschwindigkeitsüberschreitung – gegebenenfalls Vorsatz !

Veröffentlicht am 06.03.2017

 

Geschwindigkeitsüberschreitungen sind im Straßenverkehr immer wieder ein Thema.

 

Im Mittelpunkt der heutigen Betrachtung steht eine sogenannte „massive Geschwindigkeitsüberschreitung“. Bekanntlich bleiben Geschwindigkeitsüberschreitungen in einem bestimmten Rahmen im Verwarngeldbereich, so dass in der Folge keine Punkte in das Verkehrszentralregister eingetragen werden und auch sonst keine Folgen drohen.

 

Die Gerichte beschäftigen sich aber immer häufiger mit dem Umstand, wenn eine vorgeschriebene Geschwindigkeit „massiv“ überschritten wird, weil, so die Gerichte, dann davon ausgegangen werden muss, dass ein solcher Verkehrsverstoß nicht mehr fahrlässig sondern vorsätzlich begangen worden ist.

 

Das Oberlandesgericht Hamm hatte so z. B. über einen Geschwindigkeitsverstoß zu entscheiden, der dergestalt aussah, dass der Kraftfahrer bei gestatteten 50 km/h nach Abzug der Toleranz mit 78 km/h gemessen worden war.

 

Das Gericht entschied, dass, soweit die Höchstgeschwindigkeit um mehr als 40 % überschritten wird, was vorliegend der Fall war, der Verkehrsverstoß nicht mehr fahrlässig sondern vorsätzlich begangen worden ist.

 

Das hatte zunächst erhebliche Folgen, was die Höhe der Geldbuße angeht. Der Bußgeldkatalog sieht bei einem solchen Geschwindigkeitsverstoß innerorts ein Bußgeld von 100,00 € vor. Das mit der Sache erstinstanzlich befasste Amtsgericht verurteilte den „Schnellfahrer“ aber zu einem Bußgeld von 300,00 €. Diese Entscheidung wurde durch das Oberlandesgericht Hamm gehalten. Das Gericht setzte sich natürlich mit den Argumenten des Beschuldigten auseinander, der auf die Regelungen aus dem Bußgeldkatalog verwies. Das Gericht entschied aber, dass der Bußgeldkatalog, der auch die Höhe eines Bußgeldes regelt, nur für den Regelfall und bei gewöhnlichen Tatumständen gilt.

 

Da die Richter bei einer Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit von 28 km/h, also mehr als 40 % der zulässigen Geschwindigkeit, von Vorsatz ausgingen, wurde das Bußgeld deutlich erhöht, weil eben ein Regelfall (Fahrlässigkeit) nicht vorläge.

 

Begründet wurde der Vorsatz auch damit, dass der Führer des Fahrzeuges aufgrund der Fahrgeräusche und der schnell vorüberziehenden Umgebung davon ausgehen musste, dass er sich innerorts befindet und es ihm überdies auch nicht verborgen geblieben sein könne, dass er die Höchstgeschwindigkeit erheblich, hier sogar um 56 %, überschritten habe.

 

Noch ein weiterer Punkt ist aber von erheblicher Bedeutung. Meist verfügen Personen, die ein Kraftfahrzeug führen, über eine Rechtsschutzversicherung, die, so die üblichen Voraussetzungen erfüllt sind, auch in einem solchen Verfahren die Kosten des Gerichtes und des Anwaltes übernimmt.

 

Der Schutz durch eine Rechtsschutzversicherung endet aber -auch bei Straftaten- regelmäßig dann, wenn eine Tat, bzw. hier eine Ordnungswidrigkeit, nicht fahrlässig begangen wird, sondern vorsätzlich. Dies bedeutet, dass der betroffene Fahrzeugführer neben dem erhöhten Bußgeld nun auch noch Gerichts- und Anwaltskosten zu übernehmen hat, weil die Rechtsschutzversicherung aufgrund der vorsätzlichen Begehungsweise keine Zahlungen leistet.

 

Es sollte letztlich auch beachtet werden, dass es obergerichtlich vereinzelte Entscheidungen gibt, bei denen schon von Vorsatz ausgegangen wurde, obwohl noch nicht einmal die vom Oberlandesgericht Hamm veranschlagten 40 % Geschwindigkeitsüberschreitung vorhanden waren.

 

Also Vorsicht, viel zu schnelles Fahren hat häufig noch erheblich negativere Auswirkungen, als man zunächst denkt.

 

Rechtsanwalt Dirk Gräning

 

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