Die Nebenklage
Veröffentlicht am 04.06.2025
Wenn man Opfer einer Straftat geworden ist, ermöglicht es einem die Strafprozessordnung, Beteiligter des gegen den Täter gerichteten Strafverfahrens zu werden und damit Einfluss auf das Strafverfahren zu nehmen, und zwar als Nebenkläger.
Nebenkläger kann derjenige sein, der von dem Beschuldigten durch eine Straftat verletzt wurde. Es handelt sich also (meist) um den Geschädigten selbst. Der Geschädigte hat durch die Nebenklage die Möglichkeit, sich der öffentlichen Klage anzuschließen.
Geregelt ist die Nebenklage in den Paragrafen 395 ff der Strafprozessordnung. Allerdings kann nicht jeder Geschädigte auch Nebenkläger sein. Möglich ist dies nur bei bestimmten Straftaten, insbesondere Körperverletzungsdelikte und versuchte Tötungsdelikte. Ist das Opfer durch das Tötungsdelikt gestorben, so sind zur Nebenklage auch bestimmte Angehörige berechtigt: Kinder, Geschwister, Eltern, Ehegatten oder Lebenspartner.
Daneben ist eine Nebenklage auch bei anderen Straftaten, wie der Beleidigung oder der fahrlässigen Körperverletzung, zulässig, aber nur ausnahmsweise und nur, wenn besondere Gründe vorliegen.
Damit sich der Nebenkläger der öffentlichen Klage überhaupt anschließen kann, muss er eine sogenannte Anschlusserklärung abgeben. Praktisch geschieht dies regelmäßig mittels eines Schriftsatzes, meist durch den Rechtsanwalt des Nebenklägers gegenüber dem zuständigen Gericht, bei dem die Anklage gegen den Beschuldigten anhängig ist. Das Gericht entscheidet dann über die Berechtigung des Nebenklägers zum Anschluss.
Hat das Gericht die Nebenklage zugelassen, so eröffnet diese dem Nebenkläger eine ganze Reihe von Rechten.
So ist er beispielsweise berechtigt, der gesamten Hauptverhandlung hinweg beizuwohnen, auch wenn er als Zeuge aussagt. Der „normale“ Zeuge hingegen muss den Gerichtssaal bis zu seiner Vernehmung verlassen. Er weiß im Gegensatz zum Nebenkläger nicht, was sich bis zu seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung ereignet hat.
Darüber hinaus ist der Nebenkläger berechtigt, Anträge zu stellen. So kann er beispielsweise selbst Beweisanträge stellen oder darf Anträge auf Ablehnung von Sachverständigen und Richtern stellen.
Weiter hat er das Recht, durch Befragen von Zeugen oder Sachverständigen auf den Prozess Einfluss zu nehmen.
All diese Rechte würden dem Geschädigten, der „nur einfacher“ Zeuge ist, nicht zustehen.
Wer Einfluss nehmen will, der muss auch zahlen. Das Kostenrisiko für den Nebenkläger hält sich jedoch in Grenzen. Das Risiko liegt eher beim Angeklagten. Im Fall der Nebenklage zahlt nämlich er die Zeche, jedenfalls wenn er verurteilt wird. Der Nebenkläger selbst kann zur eigenen Interessenwahrnehmung Prozesskostenhilfe beantragen und sich einen Rechtsanwalt beiordnen lassen.
Die Nebenklage verursacht also im Zweifel keine Kosten für den Nebenkläger und kann sich zusätzlich sogar noch lohnen, nämlich dann, wenn dem Nebenkläger durch die gegen ihn begangene Straftat vermögensrechtliche Ansprüche entstanden sind. Er hat dann die Möglichkeit, ein sogenanntes Adhäsionsverfahren einzuleiten. Dies ist für den als Nebenkläger auftretenden Verletzten in jedem Fall prozessökonomisch, weil er sich ein weiteres, zivilgerichtliches Verfahren erspart. Mit dem Adhäsionsverfahren kann der Nebenkläger seine zivilrechtlichen Ansprüche, z. B. Schmerzensgeld, sofort im Strafverfahren gegen den Beschuldigten geltend machen. Neben zeitlichen und finanziellen Ersparnissen liegt ein großer Vorteil in der Entlastung von der sogenannten Darlegungs- und Beweislast: Es gilt der sog. Amtsermittlungsgrundsatz, d.h. das Gericht und nicht der Verletzte muss den Sachverhalt darlegen und beweisen. Der Verletzte kann sogar als Zeuge in eigener Sache aussagen, was im Zivilverfahren faktisch nicht möglich ist. Kurz gesagt: Der Verletzte kommt im Strafverfahren leichter, sicherer und schneller an sein Geld.
Voraussetzungen für die Durchführung des Adhäsionsverfahrens sind das Bestehen von Ansprüchen des Verletzten, die vor den Zivilgerichten anhängig zu machen wären, aber noch nicht anhängig gemacht worden sind, und ein entsprechend zu stellender Antrag durch den Verletzten.
Ich hoffe, einen kleinen Überblick über die Funktion und Rolle des Nebenklägers gegeben zu haben, die insbesondere aufgrund der vielfältigen Rechte innerhalb eines Strafverfahrens ein scharfes Schwert sein kann und damit auch vom Beschuldigten nicht unterschätzt werden sollte.
Dirk Gräning
Rechtsanwalt
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