Rechtsanwälte GRÄNING & KOLLEGEN

Zu den Anforderungen des Nachweises der Zahlungsunfähigkeit im Anfechtungsprozess

Veröffentlicht am 09.06.2010

Im Anfechtungsprozess ist es grundsätzlich nicht erforderlich, dass für den Zeitpunkt jeder einzelnen eventuell anfechtbaren Handlung eine Liquiditätsbilanz aufgestellt werden muss. Es reicht aus, wenn die Liquiditätslücke der Schuldnerin 10 % oder mehr beträgt.

 

Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit führt das LG Berlin in seinem Urteil vom 3.12.2009 (Az.: 53 S 208/09) wie folgt aus:

 

„Eine Zahlungseinstellung, die Tatsache, dass der Schuldner für die betreffenden Verkehrskreise erkennbar nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungen und Verpflichtungen zu erfüllen, kann durch Indizien dargetan werden. Es reicht, dass im Anfechtungsprozess der anfechtende Insolvenzverwalter eine Aufstellung der letztlich nicht beglichenen fälligen Forderungen des späteren Insolvenzschuldners seit dem Termin, zu dem Zahlungseinstellung bestehen soll bis zur Insolvenzeröffnung vorlegt. Eine einml eingetretene Zahlungseinstellung kann nur dadurch beseitigt werden, dass der Schuldner die Zahlungen allgemein wieder aufnimmt. Das heißt, dass alle Zahlungen wieder aufgenommen beziehungsweise vorgenommen werden (BGH, Urteil vom 12.10.2006 – IX ZR 228/03 -, NZI 2007, Seite 37ff mit zahlreichen Nachweisen).

 

Selbst beträchtliche Zahlungen eines Schuldners schließen eine Zahlungseinstellung nicht aus, wenn diese im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen (vgl. BGH, aaO.). (…)

 

Bei der Beurteilung der Zahlungseinstellung im Sinne von § 17 Abs. 2 S. 2 InsO kommt es nicht allein darauf an, ob es sich um eine Liquiditätslücke von weniger als 10 % der gesamten Verbindlichkeiten handelt. Die Einführung und Berücksichtigung von prozentualen Schwellenwerten vermögen nur widerlegbare Vermutungen zu begründen (BGH, Urteil vom 24.5.2005 – IX 123/04 -, NJW 2005,3062ff). Liegt eine Unterdeckung von weniger als 10 % vor, genügt sie allein nicht zum Beleg einer Zahlungsunfähigkeit. Wenn diese gleichwohl angenommen werden soll, müssen besondere Umstände vorliegen, die diesen Standpunkt stützen, wie z.B. die auf Tatsachen gegründete Erwartung, dass sich der Niedergang des Schuldner-Unternehmens fortsetzen wird (vgl. BGH, a.a.O.).“

 

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