Rechtsanwälte GRÄNING & KOLLEGEN

Werbung in der Bestattungsbranche

Veröffentlicht am 13.02.2010

Auch im Bestattergewerbe gilt der Grundsatz: „Wer nicht wirbt, der stirbt.“ Doch wie viel und welche Werbung ist in der Bestattungsbranche zulässig? In der Vergangenheit hatten sich die Gerichte mehrfach mit der Frage zu beschäftigen, wie Werbung in der Bestattungsbranche ausgestaltet sein muss.

Beobachtet man den Markt, so ist festzustellen, dass die deutsche Bestattungskultur tiefgreifende Veränderungen erlebt. Herkömmliche Begräbnisrituale verlieren immer mehr an Bedeutung und die Menschen suchen alternative Formen der Bestattung. Einige Anbieter versuchen dieser Nachfrage durch Angebote wie See-, Baum-, Fels- und Luftbestattungen oder exotische Varianten wie Diamantenpressung oder Weltraum- und Kyrobestattung nachzukommen. Immer öfter äußern Angehörige auch den Wunsch, die Urne ausgehändigt zu erhalten oder in ihrer persönlichen Umgebung zu beerdigen. Damit entfallen die teilweise teuren Grabpflegekosten und die Angehörigen brauchen keinen Friedhof mehr aufzusuchen.

In unseren Nachbarländern wie Tschechien, Belgien, den Niederlanden oder der Schweiz ist es längst üblich, dass die Urne nebst Totenasche auf Wunsch an die Angehörigen ausgehändigt wird. Selbst in Österreich besteht die Möglichkeit die Urne nach Hause zu nehmen, sofern eine Zustimmung des Verstorbenen zu Lebzeiten durch letztwillige Verfügung oder einvernehmliche Zustimmung aller nächsten Angehörigen des Verstorbenen vorliegt sowie eine Einverständniserklärung des Eigentümers des Grundstücks bzw. der Wohnung, in der die Urne aufgestellt werden soll. Entgegen den Bestimmungen in den europäischen Nachbarländern unterliegt die Totenasche in Deutschland jedoch weiterhin dem gesetzlichen Friedhofszwang, d.h. die Urne darf nicht an die Angehörigen ausgehändigt werden. Um den Anforderungen der mobilen Gesellschaft gerecht zu werden bieten einige Bestattungsunternehmen unter Umgehung des deutschen Bestattungs- und Friedhofszwangs dennoch die „Urne nach Hause“ an. Die Einäscherung und Aushändigung der Urne an die Angehörigen findet dann im Ausland statt.

Bereits mit Versäumnisurteil des Landgerichts Berlin vom 16. Juli 2008 (Az.: 97 O 112/08) wurde einem Bestattungsunternehmen untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit dem Angebot der „Urne nach Hause“ zu werben.

Mit Beschluss des Landgerichts Berlin vom 29. Januar 2009 (Az.: 102 O 37/09) wurde erneut einem Bestatter untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Bestattungsdienstleitungen mit dem Angebot „Urne nach Hause“ zu bewerben. Nach Ansicht des Gerichts sei die beanstandete Werbung unlauter im Sinne der §§ 3 Abs. 1 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG, denn auch der informierte und aufmerksame Verbraucher verstehe die Werbung so, dass es dem Anbieter möglich sei, dem jeweiligen Auftraggeber die Urne mit der Asche eine Verstorbenen nach der Einäscherung für die weitere Aufbewahrung „zu Hause“ auszuhändigen. Im Land Berlin ist dies jedoch gemeinhin nicht möglich, da die §§ 15, 18 des Berliner Bestattungsgesetzes eine Erdbestattung auch von Urnen zwingend vorsehen.

In den vorbezeichneten Verfahren wurde die Frage offen gelassen, ob der im deutschen Bestattungsrecht geregelte Bestattungs- und Friedhofszwang für Totenasche mit europäischen Recht vereinbar sei. Jedenfalls hätte die beanstandete Werbung mit der „Urne nach Hause“ einen Hinweis darauf enthalten müssen, dass eine Überführung des Leichnams ins Ausland erfolgt und der Re-Import nach Deutschland ohne anschließende Bestattung eine Ordnungswidrigkeit darstellt.

In einem anderen Verfahren ging es um die Frage, welche Voraussetzungen an eine Niederlassung eines Bestattungsunternehmen gestellt werden. Ein Bestattungsunternehmen warb mit Niederlassungen in verschiedenen Orten, obwohl es sich lediglich um ein Einzelunternehmen handelte, das an den genannten Orten über kein Geschäftslokal verfügte, sondern lediglich telefonisch oder postalisch erreichbar war.

Nach Ansicht der Richter war die beanstandete Werbung wettbewerbswidrig, da über die Größe des Unternehmens getäuscht wird, an die der Verkehr Vorstellungen über die Leistungskraft, die Insolvenzfestigkeit und die Kulanzbereitschaft knüpft. Welche steuerlichen oder gewerberechtlichen Voraussetzungen an eine Niederlassung gestellt werden, sei dabei unerheblich. Der angesprochene Verkehr kennt Bestattungsunternehmen als – nach Art eines Ladenlokals – geführte Präsenzunternehmen. Er erwartet daher an den angegebenen Orten nicht nur ein Unternehmensschild oder einen Briefkasten, sondern einen für Beratungsgespräche hinreichend ausgestatteten Geschäftsraum und im Regelfall zu den normalen Geschäftszeiten erreichbares örtlich anwesendes Personal. Denn nicht wenige Kunden wünschen – jedenfalls für erste geschäftliche Kontakte – nicht schon einen Hausbesuch des Bestattungsunternehmers. Der vom Verkehr aus der Angabe von verschiedenen Niederlassungsorten eines Bestattungsunternehmers gezogene Schluss auf eine besondere Unternehmensgröße und –stärke wäre völlig entwertet, wenn ein Unternehmen alle Orte als Niederlassung angeben könnte, an denen er zu Hausbesuchen bei Kunden bereit wäre. Soweit eine Niederlassung nur nach telefonischer Terminvereinbarung für das Publikum erreichbar sein soll, müsste dies so aus der Werbung ersichtlich sein.

Rechtsanwalt Dr. Roger Blum

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