Rechtsanwälte GRÄNING & KOLLEGEN

Kein Ausgleichsanspruch eines kostenlos mitreisenden Kleinkindes

Veröffentlicht am 23.12.2015

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat einen Entschädigungsanspruch gemäß Artikel 7 der Europäischen Fluggastrechteverordnung (Verordnung (EG) Nr. 261/2004 ) für eine Verspätung bei einem kostenlos mitreisenden Kleinkind abgelehnt

Die Klägerin begehrte eine Ausgleichszahlung in Höhe von 250 € wegen eines verspäteten Fluges nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a der Fluggastrechteverordnung. (Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004). Die Klägerin nahm mit ihren Eltern an einer Pauschalreise nach Mallorca teil, wobei die Beklagte keine Kosten für die Beförderung der damals noch nicht zweijährigen Klägerin in Rechnung stellte.

Die Flugbeförderung erfolgte durch das beklagte Luftverkehrsunternehmen. Es räumte dem Reiseveranstalter in der Flugbuchungsbestätigung eine „100% Kinderermäßigung bis 1 Jahr“ ein. Der Rückflug von Palma de Mallorca nach München wurde mit einer Verspätung von 6 Stunden und 20 Minuten durchgeführt.

Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Fluggastrechteverordnung gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 1 auf den vorliegenden Fall keine Anwendung finde, weil die Klägerin kostenlos gereist sei. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision hat die Klägerin ihren Anspruch weiterverfolgt.

Der BGH hat entschieden, dass Art. 3 Abs. 3 Satz 1 der Fluggastrechteverordnung sämtliche Fluggäste, die kostenlos reisen, vom Anwendungsbereich der Verordnung ausnimmt.

Entgegen der Auffassung der Revision kommt es nicht darauf an, ob ein „Nulltarif“ für die Öffentlichkeit verfügbar ist. Weder Wortlaut noch Entstehungsgeschichte der Vorschrift noch ihr Sinn und Zweck rechtfertigen die Annahme, der Ausschlusstatbestand der „kostenlos reisenden Fluggäste“ betreffe lediglich den Sonderfall eines für die Öffentlichkeit nicht verfügbaren Tarifs, bei dem der Flugpreis auf Null reduziert ist.

Da Zweifel an der Auslegung der entscheidungserheblichen Bestimmungen der Verordnung nicht bestehen, bestand keine Veranlassung für ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union.

BGH, Urteil v. 17.03.2015 – X ZR 35/14

Quelle: BGH, Pressemitteilungen v. 17.03.2015

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